Mannheim/Berlin. (hab/dpa) Von den Rekordzahlen der IHK-Konjunkturumfragen der letzten zwei Jahre muss man erst einmal Abschied nehmen. Denn die regionale Wirtschaft blickt mit deutlich weniger Optimismus in die nahe Zukunft, als in früheren Befragungen. Der stärkere konjunkturelle Gegenwind - ausgelöst durch Brexit-Spekulationen und den Handelsstreit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, den USA und China - sorgt für ein eher gedämpftes Stimmungsbild, insbesondere was die Exporterwartungen der Industrie betrifft. "Die gegenwärtige Lage wird dort weiterhin als gut bezeichnet, doch die Exporte verlieren an Dynamik", betont IHK-Hauptgeschäftsführer Axel Nitschke.
Der Konjunkturklima-Index, der die Wirtschaftsstimmung in der Region abbildet, zeigt einen deutlichen Knick nach unten und erreicht den niedrigsten Wert seit 2014. Am stärksten ist der Rückgang in der Industrie, allerdings kommt man von einem sehr hohen Niveau. Bei den Erwartungen für die nächsten zwölf Monate sind die Dienstleister im Branchenvergleich am zuversichtlichsten.
Bei den Industrieunternehmen bezeichnen 50 Prozent ihre Lage noch als gut, ihre Erwartungen schrauben sie allerdings zurück. Im Geschäft mit der Eurozone und Nordamerika gehen die Firmen von stagnierenden bis leicht rückläufigen Ausfuhren aus. Die Zolldiskussion mit den USA hat schließlich dazu geführt, dass die Erwartungen für die Exporte nach Nordamerika auf den niedrigsten Wert seit zehn Jahren gesunken sind.
Die IHK-Befragung erfolgte bereits im April, sodass weder der Rücktritt von Theresa May noch die Ergebnisse der Europawahl in die Antworten eingeflossen sind. Die Prognosequalität der IHK-Umfragen soll besser sein, als die der meisten anderen Konjunkturumfragen. Man verwende dieselbe Methode wie das Ifo-Institut und befrage die Unternehmenslenker nach einer konjunkturellen Entwicklungsrichtung - geht es aufwärts, bleibt es gleich, geht es abwärts.
Bezüglich der größten Risiken für eine wirtschaftliche Entwicklung gibt man acht Antworten vor und lässt zusätzlich Raum für weitere Nennungen. Regelmäßig wird bei der Befragung ein spürbar wachsender Fachkräftemangel als größtes Risiko genannt. 58 Prozent der befragten Betriebe sehen darin das größte Risiko. Noch verstärkt wird dieser Mangel durch die demografische Entwicklung. Immer häufiger können ältere Beschäftigte, die in den Ruhestand gehen, nicht angemessen ersetzt werde. Das drückt sich auch in den 8330 zuletzt gemeldeten, offenen Arbeitsstellen aus. "Gewerblich-technische Arbeitskräfte und IT-Berufe werden immer häufiger gesucht", so Nitschke. Vergeblich gesucht, ließe sich hinzufügen.
Die privaten Haushalte sind mit ihrer ungebrochenen Konsumlaune die letzte verlässliche Stütze für die deutsche Konjunktur. Während der Pessimismus in den Unternehmen angesichts der globalen Großwetterlage zusehends wächst, zeigt sich die Stimmung der Konsumenten nur wenig verändert, wie die Konsumforscher der Nürnberger GfK am Dienstag berichteten. Auf Jahressicht geht die GfK weiter von einem Anstieg der privaten Konsumausgaben um etwa 1,5 Prozent aus, deutlich mehr als im vergangenen Jahr mit 1,1 Prozent.
Nach mehreren Jahren mit mehr als zwei Prozent Wirtschaftswachstum traut der Spitzenverband DIHK der weltweit viertgrößten Volkswirtschaft 2019 insgesamt jedoch nur noch ein Plus von 0,6 Prozent zu, nach einem Wachstum um 1,4 Prozent im vergangenen Jahr.
Die stabile Binnenkonjunktur stützt sich auf die anhaltend hohe Konsumnachfrage der privaten Haushalte, die für mehr als 50 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung von fast 3,4 Billionen Euro steht. Die Konsumkonjunktur wiederum wird getragen von der seit Jahren wachsenden Rekordbeschäftigung mit zuletzt 44,8 Millionen Erwerbstätigen (2018).
Der GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl erklärte, die Einkommenserwartungen der Verbraucher zeigten sich auf einem ohnehin schon sehr hohen Niveau stabil. Gründe seien die gute Lage am Arbeitsmarkt, die Rentenerhöhungen im Juli und die im Schnitt über der Inflationsrate liegenden Tarifabschlüsse.