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Südzucker Mannheim: "Zucker ist wie Kohle - keiner will das mehr"

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Von Harald Berlinghof

Mannheim. "Die Dividende wird mehr als halbiert, der Gewinn rauscht in den Keller, das Zuckersegment macht einen Rekordverlust, die Schulden wachsen. Und dabei haben wir noch Glück gehabt. Denn die Vorstandsbezüge sind - auch in ihrem variablen Teil - stabil geblieben." Mehr Sarkasmus als ihn Roland Klose von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bei der Südzucker-Hauptversammlung an den Tag legte, geht kaum. Und er war er nicht der einzige Redner im Mannheimer Rosengarten, der die Vorstandsvergütung angesichts eines "mittelgroßen Desasters" im abgelaufenen Geschäftsjahr kritisierte.

Gleichbleibend 1,9 Millionen Euro als variabler Teil der Vergütung, der sich eigentlich am Unternehmenserfolg messen sollte, sind ihm "angesichts einer solchen Unternehmensentwicklung" zu viel. Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung institutioneller Privatanleger (VIP) schlug in dieselbe Kerbe. "Werke werden geschlossen. Mitarbeiter müssen gehen. Der Gewinn ist weg. Aber der Vorstand ist noch da. Und wird auch noch mit demselben Geld bezahlt", monierte er. Dann kam er zum Grundsätzlichen.

Das Image des Zuckers sei bei vielen Verbrauchern ins Bodenlose gefallen. "Zucker ist wie Kohle. Keiner will das mehr", so seine Diagnose. Und beim gegenwärtigen Preisverfall aufgrund von Neuordnungen im Zuckermarkt könne "man mit Zucker keine Kohle mehr machen". Tatsächlich haben die Nicht-Zucker-Bereiche des Konzerns im abgelaufenen Geschäftsjahr das Unternehmen vor einem negativen Ergebnis gerettet, wie Vorstandschef Wolfgang Heer zuvor in seinen Ausführungen erläuterte. Mit gerade einmal noch 27 Millionen Euro Gewinn habe man 2018/2019 einen historisch niedrigen Wert vorgelegt. Das Zuckersegment hatte dabei einen Rekordverlust von 239 Millionen Euro beigesteuert, das die anderen drei Segmente mit 266 Millionen Euro Gewinn auffangen mussten. Der Umsatzanteil der Nicht-Zuckeraktivitäten im Konzern erhöhte sich von 57 auf 62 Prozent.

Kritisiert wurde von den Aktionärsvertretern, dass man für Produktinnovationen, für die man in der Gesellschaft eine hohe Akzeptanz erwarten könne, zu wenig die Werbetrommel rührt. Dazu gehört die biologisch abbaubare Plastiktüte auf Stärkebasis. Große Hoffnung setzt man auch auf die neuen Erneuerbaren-Energien-Richtlinien, die bis 2030 gelten und wo festgeschrieben wurde, dass der Anteil an Erneuerbaren Energien im Transportsektor steigen soll. Mit dem Biokraftstoff Super E10 hat man ein Produkt der Südzucker-Tochter Crop Energies im Portfolio, das bundesweiten CO2-Ausstoß verringern könnte.

Trotz der schlechten Geschäftszahlen des Jahres 2018/2019 beschloss die Hauptversammlung eine Dividende von 20 Cent je Aktie, nach 45 Cent im Jahr zuvor. Auch ins neue Jahr ist der Konzern nicht gut gestartet. Im ersten Quartal verringerte sich das operative Ergebnis von 78 auf 47 Millionen Euro. Das Zuckersegment war erneut negativ. Für das Gesamtjahr erwartet Südzucker einen Umsatz zwischen 6,7 und 7 Milliar-den Euro und einen Gewinn zwischen null und 100 Millionen Euro. Ein Umschwung sei noch nicht erkennbar, so Heer. Und die angekündigten Restrukturierungsmaßnahmen mit fünf Werkschließungen - drei in Deutschland und zwei in Frankreich - und 700 Mitarbeitern weniger werden sich erst ab 2020/ 2021 bemerkbar machen.


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