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Fachkräftemangel, Automatisierung, Populismus: Diese Sorgen und Stärken haben kleinere Unternehmen

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Von Harald Berlinghof

Heidelberg. "Am Ende hat jedes Unternehmen die Mitarbeiter, die es verdient", glaubt Klaus Pawlowski, Vorsitzender der Geschäftsführung der Heidelberger Agentur für Arbeit. Er ist einer von sieben Diskutanten bei der Mittelstandsveranstaltung auf der MS Wissenschaft, die noch bis Sonntag auf Marstallhöhe in Heidelberg vor Anker liegt.

Es soll in der Diskussion unter der Überschrift "Nachhaltige Wirtschaft in unruhigen Zeiten" um die gesellschaftliche Mitverantwortung von mittelständischen Betrieben gehen. Werteverfall, Populismus, Unsicherheit der Menschen und Mitarbeiter sollen zur Sprache kommen. Aber auch die Herausforderungen durch die digitalen Veränderungen. Oleg Cernavian, Vorstand der veranstaltenden Stiftung Mittelstand-Gesellschaft-Verantwortung sucht nach Antworten.

Pawlowski will mit seinem provokativen Satz das Problem des Fachkräftemangels ansprechen - die sich, ebenso wie die Auszubildenden, zunehmend die Betriebe auswählen, bei denen sie sich wohlfühlen. Das funktioniert heute nicht mehr nur mit Geld. Wer sich nicht ernst genommen fühlt oder gar ungerecht behandelt, der geht.

"Mein Arbeitsplatz muss ein Stück Heimat sein - ein Ort, an dem ich gerne bin", glaubt Peter Piekenbrock, Vorstand des IT-Dienstleisters Cairo AG aus Mannheim. Man müsse bei den Mitarbeitern Zufriedenheit und Identifikation anstreben. Söldner, die nur kommen, um Geld zu verdienen, gehen einfach wieder, wenn sie unzufrieden sind.

Einig ist man sich auf dem Podium, dass die Kommunikation mit den Beschäftigten wichtig ist. Und die sei im Mittelstand stärker ausgeprägt als in Konzernen. Vor allem junge Unternehmen pflegen demnach eine demokratische Kultur, lassen Mitarbeiter an Problemlösungen teilhaben und nehmen ihre fachliche Expertise ernst. Die Beteiligung und das gegenseitige Vertrauen, so der Tenor, spielen im Umgang miteinander eine große Rolle. Deutlich wird, dass das Einüben demokratischer Umgangsformen auch als Bollwerk gegen Populismus in der Gesellschaft aufgefasst wird.

Als zentrales Element bei der zukünftigen Entwicklung des Mittelstands in Deutschland empfinden die Gesprächsteilnehmer die Weiterbildung - im Umgang mit Wissen, aber auch im Umgang mit der Digitalisierung.

"Populismus entsteht aufgrund fehlenden Wissens und einer fehlenden Datengrundlage. Es stimmt ja nicht, dass viele Roboter viel Arbeitslosigkeit bedeuten", so der Wissenschaftler in der Diskussionsrunde, Professor Dieter Kreimeier von der Universität Bonn. Man habe in Deutschland eine der höchsten Roboterraten in der Industrie - und gleichzeitig eine hohe Beschäftigungsrate.

Arbeitsagentur-Chef Pawlowski ergänzt, dass es ein Problem des "Nichtkönnens" gebe. Er erwartet, dass Arbeitsplätze durch die Industrie 4.0 und künstliche Intelligenz (KI) wegfallen, andere entstehen. "Die Frage ist: Können dieselben Personen das lernen und diesen Schritt mitgehen? Dass es einem fast 60-jährigen Produktionsarbeiter Sorgen bereitet, wenn jetzt zwei Maschinen plötzlich miteinander reden, ist verständlich."

Pawlowski betont, dass "berufliche Teilhabe mehr ist als nur Broterwerb, sondern auch gesellschaftliche Teilhabe". Schließt man jemanden davon aus, "fühlt er sich abgehängt und verliert vielfach seine positive Einstellung zur Gesellschaft".


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