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Großaktionär kritisiert Führung: Dicke Luft bei Heideldruck

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Von Barbara Klauß

Wiesloch. Die Luft scheint dick zu sein bei Heidelberger Druckmaschinen: Ein Teil der Belegschaft ist unzufrieden mit der Unternehmensführung, ein Großaktionär und Aufsichtsratsmitglied schießt offenbar gegen den Vorstand und der Aufsichtsratsvorsitzende beschwört in einem Schreiben an die Mitarbeiter den Zusammenhalt im Unternehmen.

Seit einer Weile schon mehren sich die kritischen Stimmen zur Situation des Druckmaschinenherstellers. Doch herrscht offenbar nicht nur in Teilen der Belegschaft das Gefühl, dass endlich etwas geschehen müsse. Auch einem Großaktionär scheint die Geduld auszugehen: Die "Wirtschaftswoche" zitiert Ferdinand Rüesch mit den Worten: "Wir haben bei Heidelberg akuten Handlungsbedarf. Meine wachsende Unzufriedenheit mit der operativen Führung der Gesellschaft und der Aufsicht habe ich in persönlichen Gesprächen mit den betroffenen Personen klar und unmissverständlich geäußert."

Zudem habe er bei der zurückliegenden Hauptversammlung weder Vorstandschef Rainer Hundsdörfer noch Aufsichtsratschef Siegfried Jaschinski entlastet. Auf Anfrage will sich Rüesch nun allerdings nicht mehr zum Thema äußern.

Dem Bericht zufolge soll der Schweizer Geschäftsmann, der knapp acht Prozent der Anteile hält und selbst im Heideldruck-Aufsichtsrat sitzt, zudem an einem Brief mitgewirkt haben, in dem Vorstand und Aufsichtsrat scharf angegriffen wurden. Dieses Schreiben ging kurz vor der Hauptversammlung an Zeitungsredaktionen, die RNZ berichtete. Laut "Wirtschaftswoche" erklärt Rüesch, an den Formulierungen hätten neben mehreren Heideldruck-Mitarbeitern er selbst und seine Kommunikationsberatung mitgewirkt. Auch hierzu schweigt Rüesch nun.

Dass die Situation des Unternehmens einigen Mitarbeitern - auch auf Führungsebene - Sorge bereitet, ist an vielen Stellen zu hören. Auch, dass sich manch einer einen personellen Neuanfang an der Führungsspitze wünscht. Offiziell aber will sich derzeit kaum jemand aus dem Unternehmen oder dem Umfeld äußern. Auch ein Sprecher kommentiert die jüngsten Berichte auf Anfrage nicht.

Doch in einer internen Stellungnahme an die Heideldruck-Mitarbeiter stellen sich der Aufsichtsratsvorsitzende Jaschinski und sein Stellvertreter, der Betriebsratsvorsitzende Ralph Arns, ausdrücklich hinter den Vorstand. Hundsdörfer genieße ihr vollstes Vertrauen, heißt es in dem Schreiben. "Die vom Vorstand entwickelte und vom Aufsichtsrat beschlossene Strategie ,Heidelberg goes digital’ stimmt und ist alternativlos."

Der traditionsreiche Hersteller von Druckmaschinen steckt mitten im Umbruch. Das Kerngeschäft, der Verkauf von Offset-Druckmaschinen, ist zwar profitabel, aber rückläufig. Neue, digitale Geschäftsmodelle sollen die operative Wende bringen, doch bislang steigen Umsatz und Gewinn nicht wie erhofft.

Seit seiner ersten Pressekonferenz vor drei Jahren hatte der Vorstandschef immer wieder seine mittelfristige Prognose bekräftigt, wonach der Umsatz im Geschäftsjahr 2021/22 drei Milliarden Euro erreichen und ein Jahresüberschuss von mehr als 100 Millionen Euro erwirtschaftet werden sollte. Im Mai dieses Jahres musste Hundsdörfer diese Prognose erstmals korrigieren. Inzwischen geht Heideldruck für das laufende Geschäftsjahr nur noch von einem Umsatz auf dem Niveau des Vorjahres aus (knapp 2,5 Milliarden Euro). Beim Ergebnis nach Steuern rechnet man nur noch mit einer schwarzen Null.

Am Kapitalmarkt kam all das nicht gut an: Die Aktie fiel innerhalb eines Jahres um fast 60 Prozent und lag zwischenzeitlich nur noch bei 0,84 Euro. Derzeit scheint es wieder bergauf zu gehen. Gestern Abend stand sie bei 1,11 Euro.

Die grundsätzliche Weiterentwicklung des Geschäfts mit neuen Technologien und Modellen sei genau der richtige Weg, schreiben Jaschinski und Arns nun an die Mitarbeiter. Doch könne ein so "tiefgreifender Transformationsprozess" natürlich nicht in wenigen Monaten abgeschlossen sein. "Die bisherige Entwicklung bestätigt jedoch, dass wir auf dem richtigen Weg sind und gut vorankommen, zumal unser Kerngeschäft profitabel ist und sich planmäßig entwickelt." Natürlich, räumen sie ein, sorge eine solche Veränderung für Diskussionen auf allen Ebenen. Dennoch verfolgten alle - Mitarbeiter, Führungskräfte und Aufsichtsräte - ein klares Ziel: "Heidelberg wieder zurück in die Erfolgsspur zu führen."

Das Unternehmen habe alle Mittel und Wege in der Hand, um sich eine profitable Zukunft aufzubauen, erklärte auch Vorstandschef Hundsdörfer Anfang August im RNZ-Interview. Nach einesr Gewinnwarnung im Juli hatte er Struktur- und Kostenprogramme angekündigt; Investitionen werden gekürzt, für die Digitalsparte sucht das Unternehmen einen Investor. Außerdem wurde bei der Arbeitsagentur Kurzarbeit angezeigt.

Derzeit werde dieses Instrument jedoch nur in einzelnen Bereichen und an einzelnen Tagen eingesetzt, erklärt ein Unternehmenssprecher. In erster Linie würden Überstunden abgebaut. Bereits im Sommer hatte Hundsdörfer betont: "Es sind keine Arbeitsplätze am Standort Wiesloch gefährdet." Dort arbeiten derzeit rund 5000 Menschen für Heideldruck, weltweit sind es 11.600.


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