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Wiesloch: Heideldruck-Chef glaubt fest an digitale Strategie

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Barbara Klauß

Wiesloch/Frankfurt. Als "alternativlos" bezeichnet Rainer Hundsdörfer, Vorstandsvorsitzender der Heidelberger Druckmaschinen, die digitale Marschrichtung, die er dem Druckmaschinenhersteller vorgegeben hat. Zwar kommt der Konzern beim Umbau langsamer voran als gedacht, zunehmend werden Zweifel laut, ob die Strategie aufgeht - doch gibt sich Hundsdörfer überzeugt.

"Wir sind sehr zufrieden mit unserer Strategie", sagt er bei der Vorlage der Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr. Durch den Ausbau digitaler Geschäftsmodelle werde Heidelberger Druckmaschinen "mittelfristig wieder in den Wachstumsmodus schalten und weniger anfällig für konjunkturelle Schwankungen sein".

Doch zunächst musste der Vorstandsvorsitzende vor wenigen Wochen bei der Vorlage vorläufiger Zahlen für das Geschäftsjahr erstmals seine mittelfristigen Ziele korrigieren, wonach der Umsatz im Geschäftsjahr drei Milliarden Euro und der Jahresüberschuss 100 Millionen Euro erreichen sollte.

Das Geschäft mit Digitaldruckmaschinen läuft nicht wie erhofft, was der Konzern mit der zunehmend schwächeren Konjunktur begründet. Der Auftragseingang ging zurück, das Geschäft mit Verbrauchsgütern schwächelte. Manchem Beobachter fehlen Visionen. Dennoch verbreitet Hundsdörfer Optimismus.

Das neue Subskriptionsmodell, bei dem Kunden die Druckmaschine nicht mehr kaufen, sondern leihen und pro bedrucktem Bogen zahlen, funktioniere: "Der Beweis ist erbracht." Rund 30 Verträge wurden ihm zufolge im abgelaufenen Geschäftsjahr abgeschlossen. Und Hundsdörfer spricht von einer steigenden Nachfrage. Mittelfristig soll ein Drittel des Gesamtumsatzes durch dieses Vertragsgeschäft erwirtschaftet werden.

Zudem arbeitet der Konzern an einer Plattform ("HEI.OS"), über die Druckereien künftig wie in einem App-Store alle Software und Verbrauchsmaterialien beziehen können, die sie brauchen. Langfristig will der Konzern auch Anbieter wie etwa Papier- und Plattenhersteller auf diese Plattform holen.

"Wenn die ihr Geschäft mit ihren Kunden über uns machen, machen wir es zwar nicht - aber wir kriegen eine Transaktionsgebühr", erklärt Hundsdörfer. So soll Heideldruck zum "Amazon der Druckindustrie" werden. Bei der Entwicklung wird der Konzern vom Mainzer Software-Startup Crispy Mountain unterstützt, das die Wieslocher gerade übernommen haben.

Der Vorstandschef redet viel über Ideen und Potenziale. Etwa über den Druck organischer Elektronik. Als Beispiel nennt er Plättchen beim Zahnarzt, die ein genaues Druckmodell des Patienten erstellen, wenn er drauf beißt. Aus seiner Sicht sind das die zukunftsträchtigsten Geschäftsfelder.

Nicht nur die Geschäftsfelder des traditionsreichen Druckmaschinenbauers ändern sich - auch die Struktur und das Personal. Hundsdörfer spricht von einer "gezielten Verschlankung" des Konzerns und von Effizienzsteigerung. So sei etwa ein Altersteilzeitprogramm weitgehend umgesetzt. Heidelberger Druckmaschinen habe relativ viele ältere Mitarbeiter, die in den kommenden drei bis vier Jahren in den Ruhestand wechseln würden.

"Wir wollen verhindern, dass 500 Leute auf einmal von Bord gehen", sagt der Vorstandschef. An anderen Stellen, etwa im Bereich der Digitalisierung, würden neue Leute eingestellt. Insgesamt geht Finanzvorstand Dirk Kaliebe jedoch davon aus, dass die Belegschaft in Deutschland (derzeit rund 7570 der weltweit 11.581 Mitarbeiter, rund 5000 davon in Heidelberg und Wiesloch) in Summe eher schwächer werde.

Der Hauptsitz am Stammwerk in Wiesloch wird nach und nach zum "Hightech-Standort" umgewandelt. Dort, am "teuersten Standort" soll Hundsdörfer zufolge nicht mehr alles gemacht werden, sondern nur noch die "knowhow-kritischen Dinge". Entsprechend baut der Konzern auch die Shared-Services aus, verlagert also etwa Verwaltungsaufgaben wie das Rechnungswesen nach Warschau.

Für das laufende Geschäftsjahr geht Heidelberger Druckmaschinen nun "trotz einer schwächeren Weltkonjunktur" bei einem "vorsichtigen Ausblick" von einer stabilen Entwicklung im Kerngeschäft und Zuwachs beim Subskriptionsmodell aus - sowie von einem Umsatz und Nachsteuerergebnis auf Vorjahresniveau. "Wir werden zunehmend die Früchte aus unseren strategischen Maßnahmen sehen", bekräftigt Hundsdörfer.

Bilanz 2018/2019:

> Umsatz: 2,49 Milliarden Euro

> Vorjahr: 2,42 Milliarden Euro

> Ergebnis nach Steuern: 21 Millionen Euro

> Vorjahr: 14 Millionen Euro


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