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Gelita Eberbach: Zufrieden trotz Streit der Eigentümer

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Von Barbara Klauß

Eberbach. Die Eigentümerfamilien von Gelita sind heillos zerstritten, Gerichtsverfahren kosten den Mittelständler Millionen, ein Aktionär sorgt selbst für Konkurrenz. Und dennoch spricht der Vorstandsvorsitzende Franz Josef Konert bei der Präsentation der Zahlen von einem guten Jahr, das hinter dem Familienunternehmen liege, von Innovationen und lukrativen Geschäftsfeldern.

Die Anspannung aber ist deutlich zu spüren. "Die Situation ist nicht einfach", erklärt Konert, 62 Jahre alt, der seit 2010 Vorstandschef ist, mit Blick auf den Zwist und die Gerichtsverfahren. Gelita, gegründet 1875, ist bis heute im Besitz der Gründer-Nachfahren. Doch schwelt seit Jahrzehnten ein Streit zwischen den Familienzweigen um Hauptaktionär Philipp Koepff, der rund 65 Prozent der Anteile hält, und seinen Onkel Peter Koepff (zusammen mit seinen Kindern etwa ein Drittel der Anteile). Der Konflikt spitzte sich zu, als Gelita 2012 eine Beteiligung am Medikamentenkapsel-Hersteller R. P. Scherer für 43 Millionen Euro verkaufte - aus Sicht von Peter Koepff zu billig und ohne strategischen Grund.

"Ich habe nichts falsch gemacht", erklärt jedoch Vorstandschef Konert nun beim Pressegespräch. "Der Verkauf von Scherer war ein Segen. Beide Unternehmen sind noch erfolgreicher geworden, die Standorte sind gesichert."

Rund um den Verkauf gab es mehrere Gerichtsverfahren, darunter eine Klage auf Schadenersatz gegen Konert sowie Ex-Vorstände und Aufsichtsräte. "Wenn ich zehn Jahre jünger wäre, wäre das echte Rufschädigung", sagt er. Im schlimmsten Fall würde er auch mit seinem privaten Vermögen haften. Noch ist jedoch nichts entschieden.

In einem weiteren Verfahren hat das Oberlandesgericht Karlsruhe am Dienstag ein Urteil gefällt: Peter Koepff hatte unter anderem gefordert, dass sein Vorschlag zur Besetzung des Aufsichtsrats hätte berücksichtigt werden müssen. Vor Gericht konnte er sich damit allerdings nicht durchsetzen.

"Wir beschäftigen die Gerichte schon sehr gut", erklärt Konert. Rund 10 Millionen Euro habe die Gesellschaft so seit 2014 verloren. "Wenn dieser Streit nicht wäre, hätten wir ein noch besseres Ergebnis." Konert, dessen Vertrag 2020 endet, ist unsicher, ob er sich noch einmal dafür entscheiden würde, die Leitung dieses Unternehmens zu übernehmen. Und das, obwohl Gelita "eigentlich ein super Unternehmen" sei, wie er sagt. "Ich hoffe, die Prozesse finden ein Ende."

Doch Konflikte gibt es auch außerhalb der Gerichtssäle: Im vergangenen März legte Peter Koepff den Grundstein für eine Gelatine-Fabrik im rund 25 Kilometer entfernten Neidenstein. Dort will er unter den Namen Gelinova neben Biofolie auch Blattgelatine herstellen. Beschäftigte und der Gelita-Betriebsrat reagierten empört. Sie sorgen sich um ihre Jobs in Eberbach. Mehrheitsaktionär Philipp Koepff nannte das Verhalten seines Onkels "grob geschäftsschädigend". Der entgegnete, eine Bedrohung für den Weltmarktführer in Eberbach lasse sich nicht konstruieren.

Gelita-Chef Konert, der von einem bizarren Vorgang spricht, kann den Unmut des Betriebsrats verstehen: "Schließlich wird die Dividende, die bei Gelita verdient wird, verwendet, um Konkurrenz aufzubauen." Dennoch sei ihm nicht bange. Man müsse sich jedem Wettbewerber stellen. "Ich sehe das sportlich gelassen."

Um das eigene Geschäft voranzutreiben, setzt Konert voll auf Innovationen. Knapp zehn Prozent des Umsatzes macht das Unternehmen Marketingleiter Michael Teppner zufolge mit Produkten, die nicht älter sind als vier Jahre. Im vergangenen Jahr habe Gelita mehr als 34 Millionen Euro in neue Anlagen und Modernisierung gesteckt.

So setzt Gelita neben Gelatine, die aus dem Bindegewebe von Schweinen und Rindern gewonnen wird und sowohl in Tortengüssen und Gummibärchen als auch in Medikamentenkapseln und technischen Schmierölen zu finden ist, zunehmend auf Kollagen Peptide. Das Zwischenprodukt aus der Gelatineherstellung dient als Basis für Nahrungsergänzungsmittel und Anti-Falten-Cremes. Ein Bereich, der sich Teppners Worten zufolge "sehr schön entwickelt". Der Markt habe um mehr als 30 Prozent zugelegt.

Ein lohnendes Geschäft - zumal die Marge, also die Gewinnspanne, bei Kollagen Peptiden höher ist als bei Gelatine. So konnte Konert zufolge das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) steigen, obwohl der Umsatz aufgrund sinkender Verkaufspreise für Gelatine und durch Währungseffekte zurückging.

Mit großer Sorge aber beobachtet man in Eberbach die Afrikanische Schweinepest, die in China, dem weltweit größten Fleischproduzenten, ausgebrochen ist. "Das wird die Welt verändern", sagt Konert. Schätzungen zufolge seien dort wegen der Krankheit bis 80 Millionen Tiere vorsorglich getötet worden. "Das wären doppelt so viele, wie in Deutschland produziert werden", erklärt der Vorstandschef. Er rechnet mit steigenden Preisen für Schweine und damit, dass der Rohstoff Schwarte in den nächsten Monaten nicht mehr verfügbar sein wird. "Wir spüren die Auswirkungen schon, aber noch ist es händelbar." Doch gingen Fachleute davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die Schweinepest auch nach Deutschland komme. "Wenn jetzt auch noch Europa betroffen wäre, das wäre der Supergau", erklärt Konert. "Das möchte ich mir nicht einmal ausmalen."


Mannheim: Fuchs Petrolub von schwachen Automärkten gebremst

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Mannheim. (dpa) Der Schmierstoffhersteller Fuchs Petrolub hat zum Jahresauftakt die schwächelnde Nachfrage aus der Autoindustrie zu spüren bekommen. «In einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld ist Fuchs erwartungsgemäß schwach in das Jahr 2019 gestartet», sagte Vorstandschef Stefan Fuchs am Freitag in Mannheim.

Der Umsatz des MDax-Konzerns stagnierte im ersten Quartal bei 643 Millionen Euro. Dabei machte das Geschäft in Nord- und Südamerika die schwächeren Automobilmärkte in Deutschland und China wett. Wegen höherer Kosten sackte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern im Jahresvergleich um 16 Prozent auf 77 Millionen Euro und fiel damit schwächer aus als von Experten zuvor geschätzt. Unter dem Strich stand ein Gewinnrückgang von 18 Prozent auf 55 Millionen Euro.

An den Jahresprognosen hält das Unternehmen fest. Fuchs peilt beim Umsatz ein Plus von zwei bis vier Prozent an. Für das operative Ergebnis rechnet der Konzern weiter mit einem Rückgang von fünf bis acht Prozent. «Trotz erschwerter Rahmenbedingungen» will das Management auch bei seiner Investitionsoffensive bleiben und im laufenden Jahr 180 Millionen Euro in künftiges Wachstum und Effizienzprogramme stecken.

Mannheim: Schwache Automärkte bremsen Fuchs Petrolub

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Von Harald Berlinghof

Mannheim. "Erwartungsgemäß schwach" sei Fuchs Petrolub ins Jahr 2019 gestartet. Es ist lange her, dass solche Sätze zu hören waren im rekordverwöhnten Hause Fuchs. Der Schmierstoffhersteller war in den vergangenen zehn Jahren von Rekord zu Rekord geeilt. Doch bereits im März hatten die Mannheimer beim Ausblick für das Gesamtjahr 2019 trotz eines weiteren Umsatzwachstums einen Rückgang beim Ergebnis angekündigt.

Dieser Trend hat sich jetzt bei der Vorstellung der Zahlen für das erste Quartal 2019 bestätigt. Man bleibt dabei: Der Umsatz werde bis zum Jahresende zwischen zwei und vier Prozent steigen, der Gewinn werde aber um fünf bis acht Prozent zurückgehen. Bereinigt man das Ergebnis 2018 um einen einmaligen Sonderertrag von zwölf Millionen Euro für den Verkauf einer Beteiligung in der Schweiz, bleibt immer noch ein erwarteter Ergebnisrückgang 2019 zwischen zwei und fünf Prozent, wie Vorstandschef Stefan Fuchs und Finanzchefin Dagmar Steinert am Freitag darlegten.

Den Umsatz im ersten Quartal 2019 konnte das Unternehmen mit 643 Millionen Euro exakt auf Höhe des Vergleichszeitraumes des Vorjahres stabilisieren. Allerdings gab es in diesem Jahr anders als im Jahr zuvor im ersten Quartal keine Osterfeiertage, die stets zu einer Umsatzreduzierung beitragen. "Angesichts dessen sehen wir also auch bei exakt gleichem Umsatz eine Verlangsamung des Wachstums", so Fuchs. In Europa und Asien ist der Umsatz zurückgegangen, in Nord- und Südamerika dagegen gewachsen. Und der Gewinn lag im ersten Quartal 2019 mit 77 Millionen Euro mit rund 16 Prozent deutlich unter dem Vorjahr.

Neben dem Sondereffekt des Verkaufserlöses im Vorjahr spielt dabei vor allem die Schwäche der Automobilmärkte in Deutschland insbesondere aber in China eine Rolle. Allerdings macht Fuchs nur rund 30 Prozent seiner Geschäfte mit der Automobilindustrie. Aber auch die Kosten für die seit Jahren laufende Wachstumsinitiative trugen "planmäßig" zur Reduzierung des Gewinns bei.

Auch steigende Personalkosten haben den Gewinn geschmälert, wie Dagmar Steinert präzisierte. Der deutliche Mitarbeiteraufbau der letzten Jahre hinterlasse Spuren in der Bilanz. Zwischen 2014 und 2018 habe man die Beschäftigtenzahl um 25 Prozent gesteigert. Auch im ersten Quartal sind am Standort Mannheim wieder elf Mitarbeiter dazu gekommen. Ende Märze belief sich die Beschäftigtenzahl in Mannheim auf 968.

Dass das wirtschaftliche Umfeld insgesamt schwieriger geworden ist, bestreitet niemand. Aber für China gibt man bereits leichte Entwarnung. Die dortige Regierung habe konjunkturelle Steuerungsmaßnahmen ergriffen, die im zweiten Halbjahr 2019 greifen sollen, erwartet Fuchs. Insgesamt geht das Mannheimer Unternehmen von einem stärkeren zweiten Halbjahr 2019 aus.

Hauptversammlung: BASF-Chef Brudermüller will "kämpferischer werden"

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Von Daniel Bernock

Mannheim. Es war das erste Mal, dass der seit einem Jahr amtierende BASF-Chef Martin Brudermüller sich den Fragen der Aktionäre auf der Hauptversammlung stellen musste. Und überwiegend empfingen die rund 6300 Aktionäre den 57-Jährigen im Mannheimer Rosengarten am Freitag positiv, wenngleich die Sorgen vor unruhigen Zeit klar zu spüren waren.

In seiner Rede betonte Brudermüller, dass die weltweite Lage derzeit keinen Rückenwind gebe und die "stürmischen Zeiten" nicht spurlos an der BASF vorbeigingen. Dennoch sei er überzeugt: Die langfristigen Trends, etwa eine steigende Weltbevölkerung und eine zunehmende Urbanisierung, seien intakt - und von diesen soll auch die BASF profitieren. Allerdings müsse sich das Unternehmen deutlich verändern. "Wir müssen mutiger und kämpferischer werden", so Brudermüller. Die von ihm ausgerufene neue Strategie, die auch "unbequeme Wahrheiten" anspreche, werde die BASF verändern. 2019 bezeichnete Brudermüller als ein "Übergangsjahr".

Die Geschäfte in den ersten drei Monaten des Jahres seien wie erwartet "schwach" gewesen, sagte der BASF-Chef. Im ersten Quartal legte der Umsatz leicht um drei Prozent auf 16,2 Milliarden Euro zu. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern fiel deutlich um 22 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro. Als Grund nannte das Unternehmen niedrigere Beiträge aus den Segmenten Materials und Chemicals - hervorgerufen vor allem durch die kriselnde Automobilbranche und die globalen Unsicherheiten infolge der Handelskonflikte. Dennoch: Auch in "anspruchsvollen Zeiten" soll die Dividende für die Aktionäre jedes Jahr steigen, versprach Brudermüller, der mehr als die Hälfte seines Berufslebens für die BASF gearbeitet hat. Und noch heute sei er so leidenschaftlich bei der Sache wie damals. "Mein Herz schlägt für die BASF", so Brudermüller.

Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) lobte Brudermüller für seine "energiegeladene und sympathische" Rede. "Unsere Erwartungen an Sie sind hoch", sagte der Aktionärsvertreter. Dass das Unternehmen 2019 zum Übergangsjahr erklärt habe, gefalle ihm natürlich nicht. Positiv sehe er jedoch, dass die Prognose für das Gesamtjahr aufrecht erhalten wurde.

Arne Rautenberg von Union Investment, der Investmentgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, monierte, dass die BASF-Aktie in der jüngeren Vergangenheit meist nicht besser als der Dax oder der Chemie-Vergleichsindex abgeschnitten habe. Das könne den Vorstand nicht zufrieden stellen. Die Gewinn-Margen seien im Vergleich mit den Wettbewerbern zu niedrig. "Wir sind froh, dass jetzt wieder ein Vollblutchemiker auf dem BASF-Chefposten sitzt", sagte Rautenberg. Er warnte allerdings: "Muten Sie sich nicht zu viel zu!" BASF sei derzeit eine Großbaustelle, da könne man schnell den Überblick verlieren. "Die BASF darf sich nicht nur um sich selbst drehen."

Kritisch bewertete Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutionelle Privatanleger (VIP) das "dramatisch schlechte" Quartalsergebnis. "Wo ist der Gewinn geblieben?", fragte Buhlmann. Wie könne es sein, dass Segmente teilweise 50 bis 60 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum liegen? Das Geld für eine höhere Dividende müsse auch verdient werden.

Finanzvorstand Hans-Ulrich Engel wies darauf hin, dass das Unternehmen mit einer global schwächeren Nachfrage im ersten Quartal gerechnet habe. Auch das zweite Quartal werde schwierig bleiben. In der zweiten Jahreshälfte sollten die Geschäfte jedoch anziehen, zumal im Vorjahr das Niedrigwasser im Rhein das Unternehmen belastet hatte. Laut Brudermüller hat BASF für das laufende Jahr vorgesorgt: So seien zahlreiche Transportschiffe mit einem niedrigeren Tiefgang reserviert, die Rohstoffpuffer in der Produktion seien erhöht worden, zudem gebe es mehr Entladestationen, um Engpässe zu vermeiden. Außerdem sei der Konzern mit der Politik im Gespräch, um eine kritische Stelle im Rhein bei Kaub zu vertiefen und damit länger befahrbar zu machen. "Ein Restrisiko bleibt jedoch", sagte Brudermüller.

Mannheim: Wie der Pharmahändler Phoenix zum Marktführer wurde

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Von Harald Berlinghof

Mannheim. "Das war eine höchst mühsame Angelegenheit", erinnert sich Bernd Scheifele, heute Vorstandschef von HeidelbergCement, an die Zeit der Entstehung der Phoenix Pharmahandel AG. Vor 25 Jahren schlossen sich vier Pharmagroßhändler zusammen und bildeten den heutigen deutschen Marktführer Phoenix mit Sitz in Mannheim. "Das war ein Clash of Cultures", erläutert der gelernte Wirtschaftsanwalt Scheifele.

Nach einem erfolgreichen ersten Geschäftsjahr unter Inhaber Adolf Merckle, wurde Scheifele zum Vorstandschef bestellt. Seine primäre Aufgabe: Die vier Einzelunternehmen und ihre Firmenkulturen zu einem schlagkräftigen Unternehmen am Pharmamarkt zu formen. Das Zentrum des neuen Pharmagroßhändlers bildet die damals bereits in Mannheim ansässige Ferdinand Schulze GmbH.

"Dort herrschte das Selbstverständnis des Technologieführers, wo man sich als die Mercedes-S-Klasse der Branche empfand. Und auf der anderen Seite hatten wir drei Aktiengesellschaften, die, auch aufgrund von Managementfehlern, schlechter da standen", schildert er die Situation der Gründungszeit. Es war eine mühsame Angelegenheit mit unzähligen Besprechungen, erzählt er bei einer Jubiläumsveranstaltung der Firma. Es galt, vier Unternehmen, die alle in den roten Zahlen steckten, zusammenzuführen. Nach dem Zusammenschluss hatte man in Deutschland einen Marktanteil von 30 Prozent und war damit Marktführer unter den Pharmagroßhändlern. Es ging aufwärts mit Phoenix.

Nach elf Jahren übernimmt im Jahr 2005 Reimund Pohl die Geschäfte. Und er erweist sich als guter Kapitän in stürmischer Zeit. 2008 gerät das Unternehmen unverschuldet in die Turbulenzen der Welt-Finanzkrise. "Das Geschäftsmodell hat gestimmt, wir waren ein voll funktionierendes Unternehmen. Aber Hersteller, Banken und Versicherer stellten sich gegen uns. Das war extrem schwierig, aber wir haben es geschafft", sagt er.

Schon 1998 begann ein anderer Geschäftszweig bei Phoenix. Mit dem Erwerb zweier britischer Pharmagroßhändler kamen die ersten eigenen Apotheken und damit der Einstieg ins Einzelhandelsgeschäft. Die ersten eigenen Apotheken der Marke Benu eröffnet man 2012 in den Niederlanden. Heute betreibt Phoenix in 14 europäischen Ländern über 2500 eigene Apotheken.

2014 übernimmt Oliver Windholz den Vorstandsvorsitz. Phoenix wandelt sich zunehmend vom reinen Pharmagroßhändler zum integrierten Gesundheitsdienstleister. Die Firma bildet die Schnittstelle zwischen Pharmahersteller und Verbraucher. Mit der Gründung der Tochtergesellschaft TransMed nimmt Phoenix auch das Liefergeschäft in die eigenen Hände. Die etwa 150 Mannheimer Lieferfahrzeuge beliefern vom Neckarauer Gewerbegebiet aus Apotheken und medizinische Einrichtungen zwischen Baden-Baden, Kaiserslautern, Heilbronn und Darmstadt. Am Standort Mannheim beschäftigt Phoenix etwa 800 Mitarbeiter, europaweit sind es 37.000.

In Deutschland gibt es 20 Phoenix-Vertriebszentren. Im Mannheimer Zentrallager und Vertriebszentrum liegen rund 100.000 medizinische Artikel. Dort arbeiten etwa 200 Menschen in zwei Schichten, um die Belieferung der Apotheken in der gesamten Region sicher zu stellen. Ohne die Automaten, welche die Bestellungen zusammen stellen, stünden sie allerdings auf ziemlich verlorenem Posten. Wie von Geisterhand gesteuert laufen grüne Kisten auf Rollenbändern. Im exakt richtigen Augenblick fallen Tablettenschachteln oder Tropfenfläschen in die Kunststoffkisten. Die Fehlerquote ist verschwindend gering. Denn die Geisterhand ist ein computergesteuertes Komissionierungssystem. Alle Medikamente werden vermessen und verwogen, am Ende einer Zusammenstellung weiß der Computer, wie schwer die bepackte Kiste sein darf. Bei einer Abweichung vom Sollgewicht wird die Kiste aussortiert.

Mannheimer Versicherungsgruppe: Vorstands-Chef will Inter fokussierter und agiler machen

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Von Daniel Bernock

Mannheim. Seit Januar ist Michael Solf Sprecher des Vorstands der Mannheimer Inter-Versicherung. Der promovierte Physiker, der nach nur zwei Jahren Forschung in den 90er-Jahren in die Versicherungs- beziehungsweise Bankenwelt wechselte, will das Unternehmen "fokussierter" und "agiler" machen, die Priorität soll auf den Wachstumsfeldern liegen.

Einen Richtungswechsel hat der 56-Jährige allerdings nicht geplant. Das Haus sei gut aufgestellt, dennoch hat der neue Vorstands-Chef einen "Strategie-Check" ausgerufen, der bis Oktober laufen soll, sagte Solf am Montag bei der Vorstellung der Bilanz für das Geschäftsjahr 2018.

Das anhaltende Niedrigzinsumfeld macht dem Versicherungskonzern im Bereich Lebensversicherungen weiterhin zu schaffen. Es sei schwierig, Kunden zu gewinnen - "auch wenn zahlreiche Studien immer wieder zeigen, dass die Deutschen bei der Altersvorsorge Nachholbedarf haben", sagte Solf.

Allerdings: Die Menschen hätten erkannt, dass es wenige Alternativen gebe. Immobilien und Aktien sind seiner Meinung nach deutlich überteuert. Er glaubt daher an eine Renaissance der Lebensversicherung als Kapitalanlage.

Der Mannheimer Konzern will bei den Kunden mit Lebensversicherungen punkten, die eine hohe Flexibilität bieten. Bis zu fünf Mal pro Jahr könnte die Anlagestrategie der Lebensversicherung geändert werden, möglich seien bei finanziellen Engpässen auch Kapitalentnahmen. Was die "neuen" Lebensversicherungen nicht mehr bieten, ist einen Garantiezins.

Durch das Niedrigzinsumfeld sei dieser heute so niedrig, dass die meisten Kunden lieber mehr ins Risiko gingen, um eine ordentliche Rendite zu bekommen. Nur noch rund 20 Prozent der Neuverträge hätten einen klassischen Garantiezins - der aktuell unter einem Prozent liegt. Um 8,6 Prozent ist das Neugeschäft 2018 gewachsen, 2019 soll der Bereich noch stärker zulegen.

Die alten Lebensversicherungs-Veträge, die teilweise einen Garantiezins von bis zu vier Prozent ausweisen, würden mehr und mehr aus den Bilanzen verschwinden. Dennoch: In den vergangenen Jahren musste das Unternehmen viel Geld in eine sogenannte Zinszusatzreserve stecken, um genug finanziellen Puffer zum Bedienen der alten Policen zu haben.

Auch wenn viele Verbraucher hoffen, dass es bald wieder mehr Zinsen auf Lebensversicherungen und andere Finanzprodukte gibt - Solf ist überzeugt, dass die Niedrigzinsphase noch "ganz, ganz lange" andauern werde. Eine akute Gefährdung für Institute sieht er allerdings nicht. Die Branche habe das Niedrigzinsumfeld "verdaut und akzeptiert".

Ein Problem für Inter ist die "fortschreitende Regulierung des Versicherungsmarktes", die laut Solf ganze Abteilungen beschäftigt und die Branche hunderte Millionen Euro kostet. Die teilweise hunderte Seiten langen Berichte, die das Unternehmen anfertigen muss, seinen für Endkunden "völlig unbrauchbar".

Viel Potenzial erhofft sich Inter von sogenannten Cyber-Versicherungen. Noch bietet das Unternehmen die Versicherung gegen Hackerangriffe, Datendiebstahl etc. nur für Privatleute an. In Zukunft soll es solche Versicherungen auch für gewerbliche Kunden geben, die Ausarbeitung der Policen sei allerdings nicht ganz einfach.

Erfolgreich im vergangenen Jahr lief das Geschäft mit Krankenzusatzversicherungen, etwa Zahnzusatz-Policen. Schwieriger war der Bereich Krankenvollversicherung, laut Solf auch wegen der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt und damit weniger privat Versicherten. Auch der Bereich Bausparen lag unter Vorjahresniveau.

Insgesamt lagen die gebuchten Bruttobeiträge mit 865 Millionen Euro in etwa auf Vorjahresniveau, der Jahresüberschuss legte um fast elf Prozent auf 33,8 Millionen Euro zu. Inter beschäftigt rund 1600 Personen, fast 1000 davon in der Mannheimer Zentrale.

Bilfinger: Bilfinger will von zwölf Ex-Vorständen Schadenersatz in Millionenhöhe

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Mannheim. (dpa) Der Industriedienstleister Bilfinger verlangt von zwölf ehemaligen Vorständen Schadenersatz in Millionenhöhe. Der Aufsichtsrat der Bilfinger SE beschloss am Dienstag, entsprechende Forderungen an die Ex-Manager abzusenden. "Dabei wurde auch festgelegt, in welcher Höhe jedes der ehemaligen Vorstandsmitglieder in Anspruch genommen wird", teilte das Unternehmen in Mannheim mit. Welche Beträge von welchen früheren Vorständen gefordert werden, wurde nicht mitgeteilt. Insgesamt spricht Bilfinger von einem "erstattungsfähigen Schaden in Höhe eines niedrigen dreistelligen Millionenbetrages".

Der Bilfinger-Aufsichtsrat wirft den früheren Vorständen "Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Implementierung eines ordnungsgemäßen Compliance-Management-Systems" vor, ein System, das unternehmensintern Regelverstöße verhindern soll. Einzelne ehemalige Vorstandsmitglieder hätten außerdem "Pflichtverletzungen im Rahmen eines M&A-Projekts begangen". Als M&A (Mergers & Acquisitions) werden Fusionen und Zukäufe zusammengefasst.

Das Kontrollgremium hatte bereits Anfang 2018 grundsätzlich allen Vorstandsmitgliedern, die zwischen 2006 und 2015 amtierten, aber vor 2015 in das Gremium eintraten, Pflichtverletzungen vorgeworfen.

Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch, der Bilfinger zwischen 2011 und 2014 leitete, hatte bereits damals "mit Befremden" auf die Vorwürfe "gegen ganze Generationen von früheren Bilfinger-Vorständen" reagiert.

Heidelberger Druckmaschinen: Mit Vorsicht ins neue Geschäftsjahr

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Heidelberg. (dpa-lsw) Die Heidelberger Druckmaschinen AG hat in ihrem Geschäftsjahr 2018/19 auch dank neuer Abomodelle ihre operativen Ziele erreicht. In das neue Geschäftsjahr geht der Druckmaschinenhersteller jedoch mit Vorsicht.

Das Unternehmen rechne im Geschäftsjahr 2019/20 beim Konzernumsatz und der Profitabilität insgesamt mit einer stabilen Entwicklung gegenüber 2018/19, teilte Heidelberger Druck am Dienstagabend mit.

Jedoch verzögerten die konjunkturellen Rahmenbedingungen die mittelfristigen Wachstumsaussichten, hieß es weiter. Heidelberg erwartet nun einen langsameren Umsatzanstieg als bisher geplant, allerdings mit einem gegenüber heute deutlich höheren Anteil des konjunkturresistenten Vertragsgeschäfts.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr (Ende März) hatte der Konzern vorläufigen Berechnungen zufolge auch dank einem Endspurt im Schlussquartal seinen Umsatz um 3 Prozent auf 2,49 Milliarden Euro gesteigert. Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) legte von 172 Millionen Euro im Vorjahr auf nunmehr 180 Millionen Euro zu. Unter dem Strich kletterte der Gewinn um die Hälfte auf 21 Millionen Euro.


Heidelberg: Heideldruck senkt die Prognose

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Von Thomas Veigel

Heidelberg. Die Heidelberger Druckmaschinen AG hat zwar ihre operativen Ziele für das Ende März abgeschlossene Geschäftsjahr erreicht, warnte am Dienstag aber gleichzeitig vor einer Verzögerung bei den mittelfristigen Wachstumszielen. Der Aktienkurs sackte nach Veröffentlichung der Zahlen weiter ab.

Wie das Unternehmen am Abend mitteilte, sei der Umsatz nach vorläufigen Zahlen um drei Prozent auf 2,49 Milliarden Euro gestiegen, der Gewinn nach Steuern stieg von 14 auf 21 Millionen Euro. Allerdings war der Gewinn im vergangenen Jahr wegen der US-Steuerreform um 25 Millionen Euro geringer ausgefallen.

Das Ergebnis vor Steuern lag im abgelaufenen Geschäftsjahr bei 32 Millionen Euro, im Jahr zuvor waren es 39 Millionen Euro. Vor zwei Jahren hatte das Unternehmen noch 36 Millionen Euro nach Steuern verdient. Die Zahl der Mitarbeiter sank leicht um 41 auf 11.522, die Nettofinanzverschuldung stieg um 14 Millionen Euro auf 250 Millionen Euro.

Seit seiner ersten Bilanzpressekonferenz vor drei Jahren hatte Vorstandsvorsitzender Rainer Hundsdörfer immer wieder seine mittelfristige Prognose bekräftigt, wonach der Umsatz im Geschäftsjahr drei Milliarden Euro erreichen und ein Jahresüberschuss von mehr als 100 Millionen Euro erwirtschaftet werden soll. 

Am Dienstag wurde diese Prognose erstmals korrigiert. Die konjunkturellen Rahmenbedingungen würden die mittelfristigen Wachstumsaussichten verzögern. "Heidelberg erwartet einen langsameren Umsatzanstieg als bisher geplant", hieß es in einer Pressemitteilung.

Die weltweite konjunkturelle Abschwächung habe sich in den letzten Monaten in einem rückläufigen Auftragseingang bemerkbar gemacht. Da sich auch der Branchenverband VDMA in seiner jüngsten Jahresprognose aufgrund zunehmender Verunsicherung auf den Weltmärkten durch Handelsstreitigkeiten insbesondere zwischen den USA und China sowie des Brexit deutlich pessimistischer zeige, gehe Heidelberg mit Vorsicht in das neue Geschäftsjahr 2019/20.

Man rechne aber beim Konzernumsatz und der Profitabilität mit einer stabilen Entwicklung gegenüber dem Vorjahr. Der Vorstand gehe trotz der zum Geschäftsjahresende hin zunehmend schwächeren Weltkonjunktur von einer stabilen Entwicklung im Kerngeschäft und einem Zuwachs beim digitalen Subskriptionsmodell aus.

Doch auch im Digitalgeschäft läuft nicht alles rund: Angesichts einer konjunkturbedingt zurückhaltenderen Investitionsbereitschaft in neue Technologien müsse im Bereich des Digitaldrucks mit einem "konservativeren Hochlauf" als ursprünglich geplant gerechnet werden.

Der Umsatz im Bereich Postpress werde aufgrund der Untersagung der Übernahme des Falzmaschinenherstellers MBO durch die Kartellbehörde geringer wachsen. Auch das margenstarke Handelsgeschäft mit Verbrauchsgütern schwächelt: Das Geschäft ist rückläufig, der Rückgang falle voraussichtlich größer als erwartet aus.

Kartellamt sagt nein: Heideldruck darf MBO nicht übernehmen

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Heidelberg/Bonn. (tv) Das Bundeskartellamt hat am Dienstag die geplante Übernahme des Falzmaschinenherstellers Maschinenbau Oppenweiler Binder GmbH (MBO) durch die Heidelberger Druckmaschinen AG untersagt. "Der Zusammenschluss würde zu einer marktbeherrschenden Position von Heidelberger Druckmaschinen und einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Nachteil der Kunden führen", sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt laut Mitteilung.

Die Heidelberger Druckmaschinen AG bedauerte in einer Stellungnahme das Verbot der Behörde. "Wir nehmen die Entscheidung mit Bedauern zur Kenntnis und gehen unseren Weg, auch wenn wir auf die künftige Marktstellung des kombinierten Unternehmens eine andere Sicht haben", kommentierte der Vorstandsvorsitzende von Heidelberg, Rainer Hundsdörfer, den Beschluss.

Der Bescheid werde jetzt geprüft, sagte ein Unternehmenssprecher, der Vorstand wolle sich alle Optionen offen halten. Die Untersagung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde dagegen einlegen.

Nach der Entscheidung würden beide Unternehmen ihr Geschäft wie auch bisher getrennt und unabhängig fortführen. Heidelberg hatte im Oktober 2018 einen Vertrag mit der Eigentümerfamilie über die Übernahme der MBO-Guppe abgeschlossen.

Der Bereich Postpress, also die Druck-Weiterverarbeitung, war von Hundsdörfers Vorgänger Gerold Linzbach zu großen Teilen abgestoßen worden. Maschinen wie Sammelhefter oder Stanzen hatten über Jahre hohe Verluste produziert. Der Bereich Faltschachtelklebemaschinen war im Jahr 2015 an die chinesische Masterwork-Gruppe abgegeben worden.

Masterwork hat sich im Januar dieses Jahres durch eine Kapitalerhöhung mit einem Anteil von 8,5 Prozent der Aktien an der Heidelberger Druckmaschinen AG beteiligt und ist damit größter Einzelaktionär vor dem früheren Mehrheitsaktionär des Etiketten-Druckmaschinenherstellers Gallus, Ferdinand Rüesch, mit 7,6 Prozent. Heidelberg hatte Gallus im Jahr 2014 ganz übernommen.

Der Bereich Postpress wachse nun wieder, sagte gestern ein Unternehmenssprecher. Heidelberg werde auch ohne die Übernahme der MBO-Gruppe an der Strategie festhalten, das Postpress-Portfolio weiter Richtung industrieller und vor allem digitaler Weiterverarbeitung fortzuentwickeln.

Mannheim: Anlegervertreter will Bilfinger-Aufsichtsrat Leviten lesen

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Mannheim. (dpa) Der Aufsichtsrat des Industriedienstleisters Bilfinger verfolgt aus Sicht der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) die Regressansprüche gegen Ex-Vorstände nicht konsequent genug. Daran ändere auch die unmittelbar vor der Hauptversammlung verschickte Mitteilung des Unternehmens nichts, dass nun Anspruchsschreiben gegen die Betroffenen verschickt würden. "Der Aufsichtsrat hat bislang seine Hausaufgaben nicht gemacht", sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. Das Unternehmen mit über 4 Milliarden Euro Umsatz hatte am Dienstagnachmittag informiert, dass der Aufsichtsrat die Schreiben mit den individuellen Forderungen auf den Weg bringen wolle.

Dennoch beabsichtigt Tüngler, eine Sonderprüfung des Aufsichtsrates durch einen von der DSW beauftragten Rechtsanwalt bei der Hauptversammlung an diesem Mittwoch in Mannheim zu beantragen. Dieser Antrag solle ungeachtet der neusten Wendung den Druck auf den Aufsichtsrat verstärken. Überdies sei er Voraussetzung für eventuelle Klagen gegen das Gremium.

Es geht um einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag, den Bilfinger von ehemaligen Vorständen fordert, darunter der ehemalige Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Der Grund: Sie hätten keine ausreichenden Anti-Korruptionsregeln aufgestellt. Koch, der Bilfinger zwischen 2011 und 2014 leitete, reagiert "mit Befremden" auf die Vorwürfe "gegen ganze Generationen von früheren Bilfinger-Vorständen".

Der Aufsichtsrat stehe einer ungestörten Zukunft des Unternehmens und damit dem aus seiner Sicht um Vergangenheitsbewältigung bemühten Vorstand im Weg. Mittlerweile seien drei Gutachten zur Rechtmäßigkeit der Ansprüche eingeholt worden, das älteste vor 15 Monaten, das jüngste im Februar dieses Jahres. "Der Aufsichtsrat müsste längst per Rechtsanwalt bei den Ex-Vorständen auf der Matte stehen und bei Zahlungsweigerung eine Klage einreichen." Eventuelle butterweiche Vergleiche lehne er ab. Je länger der Aufsichtsrat das Eintreiben der Ansprüche verschleppe, desto schlechter werde die Verhandlungsposition.

Mannheim: Bilfinger-Aufsichtsratschef Cordes räumt Fehler ein (Update)

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Mannheim. (dpa) Anlegervertreter haben bei der Hauptversammlung des Industriedienstleisters Bilfinger auf eine härtere Linie beim Eintreiben von Schadenersatz von Ex-Vorständen gepocht. "Es ist nicht erträglich, dass man sich solange um das Thema windet und nicht zu Potte kommt", sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, am Mittwoch in Mannheim. Durch drei Gutachten zu rechtlichen Fragen der Ansprüche aus Verstößen gegen Anti-Korruptionsregeln an zwölf ehemalige Vorstandsmitglieder, darunter Hessens Ex-Ministerpräsident Roland Koch (CDU), habe man wertvolle Zeit verloren.

Einen weichen "Mickey-Mouse-Vergleich" lehne die DSW ab. Eine Klage zur Durchsetzung der Forderungen behalte er sich vor. Bilfinger-Aufsichtsratschef Eckhard Cordes wies die Vorwürfe einer Verschleppung zurück.

Bilfinger verlangt von zwölf Ex-Vorständen Schadenersatz in Millionenhöhe. Der Aufsichtsrat hatte am Dienstag beschlossen, entsprechende Forderungen abzusenden. Welche Beträge von welchen früheren Managern gefordert werden, wurde nicht mitgeteilt. In die geforderte Summe fließen Kosten ein, die der Konzern zusätzlich zu vorhandenen, aber ungenügenden Compliance-Systemen zahlen musste. Diese Systeme sollen die Einhaltung von Regeln gegen Korruption und Bestechung sicherstellen. Ex-Vorstandschef Roland Koch weist die Anschuldigungen als "vollkommen abwegig zurück."

Der Bilfinger-Aufsichtsrat wirft den früheren Vorständen "Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Implementierung eines ordnungsgemäßen Compliance-Management-Systems" vor. Das Unternehmen hatte deshalb auch den ehemaligen FBI-Direktor Luis Freeh als Berater in Sachen Verhaltenskodex angestellt. So konnte nach fünf Jahren die Aufsicht durch die US-Justizbehörde Ende 2018 beendet werden.

Das Unternehmen beziffert die Höhe der Ansprüche auf einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag, Tüngler sprach nun von Forderungen von rund 120 Millionen Euro. Vorstandschef Tom Blades mache einen guten Job, dies werde aber überschattet durch eine verschleppte Vergangenheitsbewältigung. Die DSW beantragte eine Sonderprüfung, bei der ein Rechtsanwalt untersuchen solle, welcher Schaden durch das zögerliche Vorgehen des Aufsichtsrates entstanden ist.

Aufsichtsratschef Eckard Cordes räumte derweil Fehler in der internen Kommunikation zur Frage eines möglichen Interessenkonflikts ein. Seine Angaben, dass sein Aufsichtsratsmandat in einer Kommunikationsfirma keinen Interessenkonflikt zu seinem Amt bei Bilfinger bedeute, seien «ungenau und irreführend» gewesen, sagte er.

Der Konflikt besteht nach Ansicht von DSW-Chef Tünglers darin, dass Cordes neben dem Bilfinger-Mandat bei einer Kommunikationsberatungsfirma im Aufsichtsrat saß, die den Ex-Bilfinger-Vorstandschef und auch Koch beriet.

Cordes sagte, er sei darauf hingewiesen worden, dass er den Sachverhalt hätte im Kontrollgremium diskutieren müssen. Das sei ihm nicht bewusst gewesen, sei aber bei einer Sondersitzung des Aufsichtsrates im April nachgeholt worden. Die Kollegen hätten schließlich seine Position zu der Frage bestätigt.

Die DSW bemängelte die Kosten für die Gutachten. Die drei Expertisen haben laut Cordes knapp 1,5 Millionen Euro gekostet. Rund 250.000 Euro hat der Vorstand dafür ausgegeben, dass eine Kanzlei die Aufsichtsratsmitglieder auf mögliche Pflichtverletzungen - insbesondere bei der Korruptionsbekämpfung - unter die Lupe nimmt. Cordes begründete die Einholung der Gutachten mit dem komplexen Organhaftungsrecht. "Hier kann nicht aus der Hüfte geschossen werde." Der bereits 2012 gefasste Beschluss des Aufsichtsrates, die Ansprüche geltend zu machen, sei nie revidiert worden.

Update: Mittwoch, 8. Mai 2019, 15.32 Uhr

Mannheimer Versicherungsgruppe: Vorstands-Chef will Inter fokussierter und agiler machen (Update)

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Von Daniel Bernock

Mannheim. Seit Januar ist Michael Solf Sprecher des Vorstands der Mannheimer Inter-Versicherung. Der promovierte Physiker, der nach nur zwei Jahren Forschung in den 90er-Jahren in die Versicherungs- beziehungsweise Bankenwelt wechselte, will das Unternehmen "fokussierter" und "agiler" machen, die Priorität soll auf den Wachstumsfeldern liegen.

Einen Richtungswechsel hat der 56-Jährige allerdings nicht geplant. Das Haus sei gut aufgestellt, dennoch hat der neue Vorstands-Chef einen "Strategie-Check" ausgerufen, der bis Oktober laufen soll, sagte Solf am Montag bei der Vorstellung der Bilanz für das Geschäftsjahr 2018.

Das anhaltende Niedrigzinsumfeld macht dem Versicherungskonzern im Bereich Lebensversicherungen weiterhin zu schaffen. Es sei schwierig, Kunden zu gewinnen - "auch wenn zahlreiche Studien immer wieder zeigen, dass die Deutschen bei der Altersvorsorge Nachholbedarf haben", sagte Solf.

Allerdings: Die Menschen hätten erkannt, dass es wenige Alternativen gebe. Immobilien und Aktien sind seiner Meinung nach deutlich überteuert. Er glaubt daher an eine Renaissance der Lebensversicherung als Kapitalanlage.

Der Mannheimer Konzern will bei den Kunden mit Lebensversicherungen punkten, die eine hohe Flexibilität bieten. Bis zu fünf Mal pro Jahr könnte die Anlagestrategie der Lebensversicherung geändert werden, möglich seien bei finanziellen Engpässen auch Kapitalentnahmen. Was die "neuen" Lebensversicherungen nicht mehr bieten, ist einen Garantiezins.

Durch das Niedrigzinsumfeld sei dieser heute so niedrig, dass die meisten Kunden lieber mehr ins Risiko gingen, um eine ordentliche Rendite zu bekommen. Nur noch rund 20 Prozent der Neuverträge hätten einen klassischen Garantiezins - der aktuell unter einem Prozent liegt. Um 8,6 Prozent ist das Neugeschäft 2018 gewachsen, 2019 soll der Bereich noch stärker zulegen.

Die alten Lebensversicherungs-Veträge, die teilweise einen Garantiezins von bis zu vier Prozent ausweisen, würden mehr und mehr aus den Bilanzen verschwinden. Dennoch: In den vergangenen Jahren musste das Unternehmen viel Geld in eine sogenannte Zinszusatzreserve stecken, um genug finanziellen Puffer zum Bedienen der alten Policen zu haben.

Auch wenn viele Verbraucher hoffen, dass es bald wieder mehr Zinsen auf Lebensversicherungen und andere Finanzprodukte gibt - Solf ist überzeugt, dass die Niedrigzinsphase noch "ganz, ganz lange" andauern werde. Eine akute Gefährdung für Institute sieht er allerdings nicht. Die Branche habe das Niedrigzinsumfeld "verdaut und akzeptiert".

Ein Problem für Inter ist die "fortschreitende Regulierung des Versicherungsmarktes", die laut Solf ganze Abteilungen beschäftigt und die Branche hunderte Millionen Euro kostet. Die teilweise hunderte Seiten langen Berichte, die das Unternehmen anfertigen muss, seinen für Endkunden "völlig unbrauchbar".

Viel Potenzial erhofft sich Inter von sogenannten Cyber-Versicherungen. Noch bietet das Unternehmen die Versicherung gegen Hackerangriffe, Datendiebstahl etc. nur für Privatleute an. In Zukunft soll es solche Versicherungen auch für gewerbliche Kunden geben, die Ausarbeitung der Policen sei allerdings nicht ganz einfach.

Erfolgreich im vergangenen Jahr lief das Geschäft mit Krankenzusatzversicherungen, etwa Zahnzusatz-Policen.Schwieriger war der Bereich Krankenvollversicherung, laut Solf auch wegen der höheren Versicherungspflichtgrenze und damit weniger privat Versicherten. Auch der Bereich Bausparen lag unter Vorjahresniveau.

Insgesamt lagen die gebuchten Bruttobeiträge mit 865 Millionen Euro in etwa auf Vorjahresniveau, der Jahresüberschuss legte um fast elf Prozent auf 33,8 Millionen Euro zu. Inter beschäftigt rund 1600 Personen, fast 1000 davon in der Mannheimer Zentrale.

Update: Donnerstag, 9. Mai 2019, 15.16 Uhr

"Europäischen Mehrwert" schaffen: ZEW fordert größeren Reform-Mut in der EU

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Mannheim. (dpa) Eine Insolvenzordnung für Euro-Staaten und den Ausstieg aus den milliardenschweren Zahlungen für die Landwirtschaft: Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) schlägt weitreichende Reformen vor. Die EU sollte künftig vor allem solche Politiken finanzieren, die einen wirklichen "europäischen Mehrwert" schaffen, heißt es einem Positionspapier des ZEW-Experten Friedrich Heinemann anlässlich der Europawahl Ende Mai. Daher sollte mit einem Ausstieg aus den milliardenschweren Direktzahlungen an Landwirte begonnen werden. "Die Stärke Europas besteht darin, bestimmte Bereiche gemeinsam effizienter und effektiver zu gestalten, als es Länder im Alleingang könnten", so ZEW-Präsident Achim Wambach. Als Beispiele nannte er die Migrationspolitik, die Verteidigungspolitik, die Umwelt- und Klimapolitik sowie die Entwicklungspolitik.

Die Direktzahlungen an Landwirte erfüllen aus Sicht des ZEW dagegen "keine sinnvolle sozialpolitische Funktion, weil keine Bedürftigkeitsprüfung der Empfänger erfolgt und die flächenbezogenen Subventionen in erster Linie wohlhabende Bodenbesitzer begünstigen."

Derzeit geht ein Großteil der jährlich rund 58 Milliarden Euro an europaweiten Agrarfördergeldern als Direktzahlung an die Landwirte. Diese Zahlungen sollte es in Zukunft allenfalls noch bei Gegenleistungen der Betriebe in Form von Klima-, Umwelt- oder Tierschutz geben, die deutlich über das gesetzlich Verlangte hinausgingen, heißt es in dem Papier.

Zugleich fordert das ZEW, die Euro-Zone wetterfest zu machen. Mit den heutigen Institutionen könne eine neue Finanz- und Schuldenkrise nicht bewältigt werden. Außerdem sei die Eurozone durch populistische Regierungen erpressbar geworden. Diese spekulierten darauf, dass die Gemeinschaft einem Mitglied auch im Fall einer selbst verursachten Schuldenkrise helfe. Nationale Banken sollten daher beim Kauf von Staatsanleihen des eigenen Landes gängige Großkreditgrenzen beachten müssen. Notwendig sei ferner eine Insolvenzordnung für Euro-Staaten.

"Die sinkende Popularität der EU ist nicht nur Folge schlechter Kommunikation, sondern auch durch falsche Prioritäten im EU-Haushalt und gravierende Konstruktionsfehler der Wirtschafts- und Währungsunion bedingt", argumentierte Heinemann. "Auch in Europa haben wir heute viel zu viel Besitzstandswahrung und fehlenden Mut, überkommene Politikansätze endlich zu beenden".

Fuchs Petrolub: Mehr Geld für die Aktionäre

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Mannheim. (hab) "So etwas wie Fuchs gibt es nicht noch einmal". Klar, dass man für solch einen Satz Beifall erhält von den fast 1700 Aktionären, die zur Hauptversammlung des Schmierstoffanbieters in den Mannheimer Rosengarten gekommen sind. Der Vorstandsvorsitzende Stefan Fuchs bezog sich dabei auf die Frage einer Aktionärsvertreterin, wer denn Hauptkonkurrent von Fuchs Petrolub am Markt sei. Weil Fuchs Petrolub aber "sein Geschäft auf verschiedenste Anwendungsgebiete breit gestreut habe", wie der Vorstandschef am Dienstag in seiner Rede zum Geschäftsjahr 2018 betont hatte, konkurriert man in vielen Bereichen mit unterschiedlichsten Unternehmen. Das reicht von Großkonzernen wie Shell, Exxon oder Valvoline bis zum kleinen Schmierstoff-Spezialisten.

In der breiten Streuung der Geschäftstätigkeiten und in der weltweiten Aufstellung sieht man einen Vorteil bei schwankender Weltkonjunktur. "Natürlich können wir uns den Entwicklungen wie Brexit oder America first nicht völlig entziehen, aber wir verfügen über eine grundsolide Bilanz und eine hohe Eigenkapitalquote", machte er den Firmeninhabern Mut.

Die Geschäftszahlen für 2018, um die es in der Hauptversammlung primär ging, waren erfreulich. Gleichzeitig spricht es für die Ruhe und Gelassenheit der Fuchs-Aktionäre, dass sie auf der Hauptversammlung trotz nicht ganz so guter Zahlen für den Start ins Jahr 2019 kaum kritische Fragen stellten. Nur drei Wortmeldungen der Aktionärsvertreter gab es.

Ruhig gestellt werden die Aktionäre bei Fuchs mit der 17. Dividendenerhöhung in Folge. Je Vorzugsaktie gibt es 95 Cent, je Stammaktie 94 Cent. Damit wird das Unternehmen in den nächsten Tagen 131 Millionen Euro, was knapp der Hälfte des Unternehmensgewinns 2018 entspricht, an die Aktionäre auszahlen. "Unser Anspruch ist es, die Dividende möglichst zu steigern, aber mindestens im Folgejahr gleich zu halten", versprach Fuchs mit Blick auf die erwarteten rückläufigen Ertragszahlen für 2019.

Indem man mehr als die Hälfte des Gewinns im Unternehmen belasse, schaffe man sich finanziellen Spielraum für Investitionen und Unternehmenskäufe. "Wir halten nach potenziellen Akquisitionen Ausschau. Aber nur wenn diese wertschaffend sind und in unser strategisches Konzept passen", so Fuchs. Fuchs plant weiter mit einem Umsatzzuwachs in 2019.


Bilfinger-Hauptversammlung: Herbe Kritik am Bilfinger-Aufsichtsrat

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Von Daniel Bernock

Mannheim. Es war, mal wieder, eine turbulente Hauptversammlung des Bilfinger-Konzerns im Mannheimer Rosengarten. Zwar gab es Lob für den Vorstand, allen voran für den Vorstands-Chef Tom Blades. Der Brite habe im vergangenen Jahr die Geschäfte stabilisieren und durch den Aufbau eines funktionierenden Anti-Korruptions-Systems die Aufsicht des amerikanischen Justizministeriums beenden können, quittierten die Aktionäre.

Herbe Kritik gab es hingegen am Aufsichtsrat - speziell am Vorsitzenden Eckhard Cordes. Die Art und Weise, wie er und seine Kollegen möglichen Schadensersatzforderungen gegenüber früherer Vorständen nachgeht, erregte die Gemüter vieler Aktionäre.

An die Spitze der Kritiker setzte sich Marc Tüngler von der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): "Für uns ist es nicht erträglich, dass man sich so lange um das Thema Schadensersatz dreht und windet - und dabei nicht zu Potte kommt", sagte der Aktionärsvertreter. Bilfinger-Chef Blades würde das Geschäft nach vorne bringen, auf der anderen Seite müssten sich die Aktionäre immer wieder mit der Vergangenheit beschäftigen - da sich der Aufsichtsrat nicht entscheiden könne.

Hintergrund ist, dass der Aufsichtsrat mit Blick auf mögliche Schadensersatzforderungen gegen zwölf ehemalige Vorstände mittlerweile drei juristische Gutachten eingeholt hat. Doch erst am Dienstag, am Tag vor der Hauptversammlung, hat sich das Unternehmen dazu entschlossen, Roland Koch und andere frühere Vorstände direkt anzuschreiben und zur Zahlung von konkreten Schadensersatzforderungen aufzufordern.

Laut Aufsichtsrats-Chef Eckhard Cordes habe ein erstes Gutachten der Frankfurter Kanzlei Linklaters ergeben, dass Ansprüche gegenüber früheren Vorständen bestünden. Zwei Jahre habe alleine die Anfertigung dieses Gutachtens gedauert. Kosten: fast 1,3 Millionen Euro. Nach "Zweifeln" im Aufsichtsrat haben die Aufseher dann allerdings ein zweites Gutachten beauftragt, das die erste Einschätzung nicht bestätigte. Ein schließlich drittes Gutachten habe dann wiederum das erste Gutachten bekräftigt. Cordes versuchte zu beruhigen: Durch die Verzögerung bestehe nicht die Gefahr, dass die Ansprüche verjähren.

Dennoch: Aktionärsvertreter Tüngler beantragte gestern mit Blick auf die hohe Schadenssumme - rund 100 Millionen Euro - die Bestellung eines Sonderprüfers, um die "Handlungen und Unterlassungen" des Aufsichtsrats bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber früherer Vorstände zu prüfen. Es soll die Frage geklärt werden, ob der Aufsichtsrat seinen Verpflichtungen nachgekommen ist oder ob gegebenenfalls sogar Schadensersatzansprüche gegenüber aktuelle Aufsichtsräten besteht. Mithilfe eines Sonderermittlers soll auch geprüft werden, ob der Aufsichtsrat direkt nach dem ersten Gutachten hätte handeln müssen - und welche Folgen dieses "zögerliche Handeln" hatte. "Wir zweifeln an der Bissfähigkeit des Aufsichtsrats", so Tüngler.

Gleichzeitig warnte der Aktionärsvertreter den Aufsichtsrat, einen zu geringen Vergleich mit den früheren Vorständen abzuschließen. Das würden die Aktionäre nicht akzeptieren. "Ich möchte nicht mehr über die Vergangenheit sprechen, ich möchte nach vorne schauen", so Tüngler. "Schneiden Sie diesen Zopf ab!"

Cordes betonte die Komplexität des gesamten Prozesses. Es habe keine Verzögerungen gegeben, sondern einen "zusätzlichen Zeitbedarf". Wie schwierig die Beurteilung sei, zeige der Fakt, dass drei renommierte Rechtsexperten zu unterschiedlichen Meinungen kamen. Der Aufsichtsrat sei mit der gründlichen Prüfung der Fälle seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen. "Wir sind entschlossen, vor Gericht zu ziehen, wenn es nicht anders geht", sagte Cordes.

Christian Retkowski von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) betonte, der Aufsichtsrat müsse die Ansprüche gegenüber den früheren Vorständen schnell verfolgen, ansonsten werde er sich im nächsten Jahr gegen seine Entlastung aussprechen.

Wie zu erwarten war - alleine der schwedische Investor Cevian, bei dem Cordes Partner ist, hält rund 30 Prozent der Aktien - scheiterte die Bestellung eines Sonderprüfers durch die Hauptversammlung. Aktionärsschützer Tüngler will nun prüfen, die Bestellung des Sonderprüfers gerichtlich durchzusetzen. Bei VW ist ihm das 2017 schon einmal gelungen.

Wiesloch: Letzte Hauptversammlung von Bernd Scheifele - Zufriedene Aktionäre bei HeidelbergCement (Update)

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Heidelberg/Wiesloch. (dbe/dpa) Begleitet von Protesten von Umweltaktivisten hat am Morgen die Hauptversammlung des Heidelberger Dax-Konzerns HeidelbergCement begonnen. Wegen der Umbauarbeiten in der Heidelberger Stadthalle findet das Aktionärstreffen im Wieslocher Kongresszentrum Palatin statt. Während draußen im Regen Aktivisten gegen Projekte des Konzerns in Indonesien und in der Westsahara demonstrieren, zeigen sich die Aktionäre drinnen zufrieden mit der Leistung des Vorstands und des Aufsichtsrats im vergangenen Geschäftsjahr. Auch wenn das Jahr laut Vorstands-Chef Bernd Scheifele ein schwieriges war, konnte das Unternehmen bei einem leichten Umsatzwachstum den Gewinn deutlich steigern. Es ist die letzte Hauptversammlung von Scheifele, im nächsten Jahr wird sein heutiger Stellvertreter Dominik von Achten das Amt übernehmen. Scheifele soll nach einer sogenannten Cooling-Off Periode 2022 den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehmen

Im laufenden Jahr haben dem Baustoffkonzern HeidelbergCement bessere Wetterbedingungen im Auftaktquartal zu deutlich besseren Geschäften verholfen. Der Umsatz stieg im Jahresvergleich um 17 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro, wie die im Dax notierte Gesellschaft am Donnerstag in Heidelberg zur Hauptversammlung mitteilte. Besonders in Europa und Nordamerika lief es gut. Dabei profitierte das Unternehmen auch von günstigeren Wechselkursen.

Der operative Gewinn (bereinigtes Ebitda) legte in den ersten drei Monaten um knapp 60 Prozent auf 396 Millionen Euro zu. Angaben zum Nettogewinn wurden nicht gemacht. Im vergangenen Jahr hatten vor allem der kalte Winter in Nordamerika und Europa sowie weniger Arbeitstage Umsatz und Ergebnisse beim Konkurrenten von LafargeHolcim aus der Schweiz und der mexikanischen Cemex belastet.

Update: Donnerstag, 9. Mai, 11.15 Uhr

Walldorf: Viele SAP-Mitarbeiter nehmen Abfindungsprogramm an

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Walldorf. (dpa-lsw) Das Abfindungsprogramm bei SAP ist auf großes Interesse gestoßen. 1870 Mitarbeiter hätten sich für eine Vorruhestandsregelung oder eine Abfindung registriert, sagte der SAP-Personalchef in Deutschland, Cawa Younosi, am Donnerstag. "Ich rechne damit, dass in etwa 20 bis 30 Prozent der Fälle kein Vertrag zustande kommt." Das sei die Erfahrung der vergangenen Programme.

Die Beschäftigten lassen sich nun beraten, SAP muss dem Ausscheiden der Mitarbeiter außerdem zustimmen. Am Ende werde man in Deutschland bei den erwarteten etwa 1200 Beschäftigten landen, erwartet Younosi.

Europas größter Softwarehersteller SAP hatte den Umbau beim Personal im Januar angekündigt. SAP will Mitarbeiter umschulen, auf andere Positionen versetzen und in einigen Fällen auch mit Abfindungen in den Vorruhestand schicken, damit die Firma mit den Veränderungen in der Technologiebranche mithalten kann.

Gut 4400 Beschäftigte weltweit sollen ihren Posten verlassen. Trotzdem soll die Mitarbeiterzahl weiter wachsen. Zuletzt hatte SAP rund 98.700 Beschäftigte, davon etwa 23.000 in Deutschland.

Der Umbau mit Kosten in Höhe von 886 Millionen Euro hatte SAP im ersten Quartal in die roten Zahlen gedrückt. Auf das Gesamtjahr gesehen will der Konzern aber schwarze Zahlen schreiben. Der Betriebsrat hatte erst vor Kurzem eine Beschäftigungssicherung vereinbart, die betriebsbedingte Kündigungen bis 2023 de facto ausschließt.

Walldorf: 1870 Mitarbeiter wollen SAP freiwillig verlassen

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Von Barbara Klauß

Walldorf. Die Vorruhestands- und Abfindungsprogramme des Softwarekonzerns SAP werden von den Mitarbeitern in Deutschland gut angenommen. "Die Programme sind erwartungsgemäß auf sehr großes Interesse gestoßen", wie Cawa Younosi, Personalchef der SAP in Deutschland, am Donnerstag erklärte.

Rund 1870 Mitarbeiter des Softwarekonzerns haben sich demnach in Deutschland dafür registriert - fast 1250 für das Vorruhestandsprogramm und fast 620 für das Abfindungsprogramm. Wie die Resonanz der Mitarbeiter weltweit war, dazu konnte Younosi gestern nichts sagen.

Ende Januar hatte SAP-Chef Bill McDermott einen Personalumbau angekündigt: Damit Europas größter Softwarekonzern bei den Veränderungen in der Technologiebranche mithalten kann, sollen Mitarbeiter über 55 Jahre, deren Fähigkeiten nicht mehr in dem Ausmaß gebraucht werden, SAP über ein Vorruhestandsprogramm verlassen, jüngere über ein Abfindungsprogramm. Weltweit war die Rede von 4400 Mitarbeitern, hierzulande von 1000 bis 1200.

Diese Zahl werde in Deutschland vermutlich erreicht, vielleicht sogar übertroffen, erklärte Personalchef Younosi nun nach Ablauf der Registrierungsfrist. Nach den Erfahrungen aus früheren Programmen geht er davon aus, dass in 20 bis 30 Prozent der Fälle kein Vertrag zustande kommt - weil die Mitarbeiter sich doch gegen das Angebot entscheiden oder weil der Konzern sie nicht gehen lässt.

Die Programme basieren auf dem Prinzip der "doppelten Freiwilligkeit", wie SAP immer wieder betont. Zum einen erfolgte die Registrierung freiwillig. Zum anderen kann nicht jeder, der registriert ist, auch tatsächlich gehen. Hat ein Beschäftigter zum Beispiel besonders gefragte Kenntnisse in Wachstumsbereichen, darf er nicht am Freiwilligprogramm teilnehmen.

Das werde nun geprüft, so Younosi. Im Anschluss würden Gespräche mit den potenziellen Teilnehmern geführt. Er erwartet, dass die ersten Kollegen das Unternehmen Anfang 2020 verlassen werden.

"Das Programm wird aufgrund der Freiwilligkeit von den Kollegen nicht als harte Maßnahme empfunden", erklärte Ralf Zeiger, Vorsitzender des Betriebsrats, der die Modalitäten des Programms mit ausgehandelt hat, gestern. Wichtig ist ihm, dass auch für diejenigen, die bleiben wollen, günstige Bedingungen herrschen.

"Deshalb haben wir eine Beschäftigungssicherung bis 2023 und Weiterbildungsmaßnahmen beschlossen", so Zeiger. Mit dieser Vereinbarung sind Kündigungen laut Konzern "de facto" ausgeschlossen. Man wolle den Mitarbeitern Sicherheit geben und Verhandlungen bei künftigen Reorganisationen beschleunigen, hieß es.

Beim einem ähnlichen Vorruhestandsprogramm im Jahr 2015 hatten rund 3000 Mitarbeiter weltweit SAP verlassen, rund 1300 von ihnen in Deutschland. Dass das Programm damals so gut angenommen wurde, lag auch an den hohen Abfindungen. Je nach Länge der Betriebszugehörigkeit erhielten die Mitarbeiter bis zu 43,5 Monatsgehälter.

Wie hoch mögliche Zahlungen diesmal ausfallen, dazu äußerte sich Younosi gestern nicht. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres hat der Personalumbau das Ergebnis des Konzerns mit 886 Millionen Euro belastet. Finanzchef Luka Mucic rechnet nicht damit, dass er weitere Kosten verursachen wird. Ab 2020 will SAP durch den Umbau jährlich 750 bis 850 Millionen Euro sparen.

Derzeit arbeiten rund 98.700 Mitarbeiter weltweit für SAP, 23.000 davon in Deutschland, 15.000 in der Region. Trotz des Vorruhestands- und Abfindungsprogramms soll die Zahl weiter steigen, vor allem durch Personalaufbau in Wachstumsbereichen. Mucic zufolge könnte sie insgesamt bald bei über 100.000 liegen. Auch der deutsche Personalchef betonte gestern noch einmal: "Ich gehe davon aus, dass wir am Ende des Jahres mehr Mitarbeiter haben werden als zu Beginn."

Dennoch hatte das Programm für Unruhe gesorgt - auch weil ein Wissensabfluss befürchtet wird. SAP werde für einen vernünftigen Wissenstransfer sorgen, beschwichtigte Younosi am Donnerstag. Man habe aus den beiden zurückliegenden Programmen gelernt und versuche gemeinsam mit dem Sozialpartner, Dinge zu vermeiden, die damals nicht gut gelaufen seien. Auch Zeiger geht davon aus, dass aufgrund der vorhandenen Erfahrung alles "glatt laufen wird."

Kritiker sehen in dem Programm außerdem eine Alters-Diskriminierung. Weltweit liegt das Durchschnittsalter bei SAP knapp unter 40, in Deutschland etwas darüber. Durch die Programme dürfte es leicht weiter sinken. Doch darum gehe es nicht: "Das ist kein Altersabbau-Programm", betonte Younosi. "Wenn das das Ziel wäre, würden wir es glatt verfehlen."

Hauptversammlung: Eine Ära bei HeidelbergCement geht zu Ende

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Von Daniel Bernock

Wiesloch/Heidelberg. Vieles war bei der diesjährigen Hauptversammlung von HeidelbergCement am Donnerstag ähnlich wie in den Vorjahren: Drinnen zeigten sich die rund 500 Aktionäre weitestgehend zufrieden mit der Arbeit von Vorstand und Aufsichtsrat. Draußen demonstrierten im Regen Umweltaktivisten gegen Projekte des Konzerns in Indonesien und in der Westsahara. So weit, so normal.

Und dennoch war das Aktionärstreffen etwas ganz Besonderes: Nicht nur, dass die Veranstaltung wegen der Umbauarbeiten in der Stadthalle Heidelberg in Wiesloch stattfinden musste. Sondern vielmehr, weil es für Vorstands-Chef Bernd Scheifele nach 15 Jahren die letzte Hauptversammlung war - zumindest als Vorstandsmitglied. Anfang 2020 legt er sein Amt nieder.

Im kommenden Jahr wird auf der Hauptversammlung sein heutiger Stellvertreter Dominik von Achten an seinem Platz in der Mitte des Podiums sitzen. Scheifele soll nach einer sogenannten Cooling-Off Periode 2022 den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehmen.

"Wir sind gut gefahren mit Ihrer Führung, Herr Scheifele", sagte Daniel Jenderek von der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). In der Amtszeit habe es keinerlei Skandale gegeben. "Eine Ära geht zu Ende", so Jenderek. Zudem hob er den "langweiligsten Chefwechsel" im Dax hervor. Schon 2015 hatte das Unternehmen Dominik von Achten als stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden positioniert.

Bereits seit 2006 arbeiten Scheifele und von Achten, beides Juristen, zusammen. Der 53-Jährige war damals Partner bei der Unternehmensberatung Boston Consulting Group und im Zuge eines Effizienzprojekts bei HeidelbergCement tätig. Beide einten gemeinsame Wert wie etwa "Verlässlichkeit", so Scheifele.

Alles andere als langweilig sei hingegen die Dividendenpolitik des Unternehmens, so Jenderek. "Sie halten Kurs", quittierte er die neunte Dividendenerhöhung in Folge. Pro Aktie bekommen die Aktionäre 2,10 Euro, das sind elf Prozent mehr als im Vorjahr.

Auch Michael Ruoff, Aktionärsvertreter von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) fand keine Kritikpunkte: "Als Aktionär ist man bei HeidelbergCement gut aufgehoben".

Dabei war 2018 nach Aussage Scheifeles kein einfaches Jahr. Für viele Firmen sei es das schwierigste Jahr seit der Finanzkrise gewesen. Immerhin 18 der 30 Unternehmen im Leitindex Dax hätten ihre Prognose korrigieren müssen - unter ihnen auch HeidelbergCement. Für Scheifele war die Gewinnwarnung im Oktober die erste seiner Karriere. Hohe Energiepreise und schlechtes Wetter hatten es unmöglich gemacht, die gesteckten operativen Ziele zu erreichen.

Das habe ihn "ziemlich stark umgetrieben", hatte Scheifele nach der Gewinnwarnung seinen Gemütszustand beschrieben. Dennoch: Durch konsequentes Kostensparen hat HeidelbergCement auch 2018 bei einem nur leicht erhöhten Umsatz den Gewinn deutlich steigern können. Dafür gab es gestern Applaus von den Aktionären.

Zum Thema Sparen passte auch der Ort der Hauptversammlung: Statt an einen pompöseren Veranstaltungsort zu wechseln, tagten die Aktionäre im für einen Dax-Konzern doch etwas kleinen und unspektakulären Kongresszentrum Palatin in Wiesloch. Von dem verstorbenen Großaktionär Adolf Merckle, ein enger Vertrauter Scheifeles, habe er gelernt: "Innere Stärke geht vor Außendarstellung", so der 61-Jährige mit Blick auf die etwas beengten Räumlichkeiten.

Das erste Quartal lief für das Unternehmen gut - besser als es Analysten erwartet hatten. Der Umsatz stieg um 15 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro, der operative Gewinn (Ebitda) legte um knapp 26 Prozent auf 396 Millionen Euro zu. Angaben zum Nettogewinn macht das Unternehmen im für die Branche weniger wichtigen ersten Quartal nicht mehr. Den Jahresausblick bestätigte Scheifele, eine Anhebung kam für ihn nicht in Frage: "Wir bleiben erst einmal auf dem Boden, das Jahr ist lang." 2019 sollen Umsatz und Gewinn moderat zulegen.

Zum Ende seiner letzten Rede als Vorstands-Chef auf einer Hauptversammlung bat Scheifele um Nachsicht für die starken Schwankungen beim Aktienkurs, diesen könne er nicht kontrollieren. Er würde es allerdings ganz wie der Großaktionär Ludwig Merckle halten. Dieser habe ihm gesagt, dass ihn die Schwankungen als langfristiger Aktionär gar nicht so sehr störten. Die Schwächephasen nutze er zum Zukauf.

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